Der 1. Tag - „Eingewöhnung in das Wettkampfprozedere“
Mühlhausen, mitten in Thüringen, Deutschlands Zentrum. Schön ist etwas anderes, so zumindest der erste Eindruck. Doch die Altstadt ist nett, das Stadion an der Aue wunderbar und auch der Campingplatz, auf dem ein Bungalow für meine Freundin und mich für die Zeit des Läuferzehnkampfs die Unterkunft sein sollte, zeigte sich ruhig und nett.
Noch vor der offiziellen Eröffnung starte ich zu der ersten von vielen, vielen Warmlauf-Touren. Gerade für den ersten 60m-Sprint sollte man gut aufgewärmt sein. Bei der feierliche Eröffnung dürfen wir uns hinter unseren Nationalflaggen aufstellen - immerhin sechs Nationen sind am Start. Für die meisten ein gewohntes Prozedere: Lediglich ein Drittel der rund 100 Teilnehmer ist wie ich als "Frischling" zum ersten Mal dabei.
60m - Muss das sein?
Entsprechend unerfahren stehe ich dann auch am Startblock für die 60m. Ich hatte mir extra im Netz noch etwas Theorie zum Tiefstart durchgelesen. 2 und 3 Fußlängen entfernt, das hintere Ding steiler ... letztlich ist es doch das bloße Gefühl, das entscheidet. Es ist der dritte Lauf, ich auf Bahn 6. Startschuss, trampeln, hoffen. Erst auf den letzten Metern kommt das Tempo. Nicht mein Ding und dennoch die 8,27s aus der Halle mit 8,18s knapp unterboten. Ein guter Anfang.
1500m - Das Schöne am ersten Tag
Im Anschluss an den Sprint heißt es zunächst auslaufen, warten und schließlich wieder warmlaufen. Um die 13 Kilometer kommen so jeden Tag zusätzlich zusammen.
Über 1500m steht dann schon der Höhepunkt des ersten Tages an - die einzig interessante Distanz für mich, allerdings ohne riesige Ambitionen. Erst vor zwei Wochen konnte ich bei den Pfalzmeisterschaften mit 4:30,56 eine grandiose Zeit aufstellen. Ob die heute zu knacken wäre? Das Feld des zweiten Laufes lässt es eigentlich zu: 7 der 8 Läufer hatten eine Zeit zwischen 4:29 und 4:31 gemeldet.
Zunächst halte ich mich zurück, lasse die anderen arbeiten. Doch so richtig rund läuft es nicht und es dauert, bis ernsthaft Tempo gemacht wird. 55s für die ersten 300m, dann 1:15 und 1:14 für die beiden Runden. 1:12 wäre eigentlich notwendig. Für die letzte Runde der gewohnte Turbo. Sven Lieback und Petr Jindra sind vorne weg, doch der dritte Platz gehört mir. Zielrunde in 1:05. Knapp war es, doch die Kampfrichter vermelden eine 4:29,79. Auch wenn es nur 77 Hundertstel sind - sie machen einen froh.
400m - Eine Runde Vollgas
Auslaufen, ausruhen, warmlaufen. Am Abend stehen die 400m an. Laut Moderator die schlimmste Distanz. "Das Laktat wird euch in die Beine schießen." Danke für die Aufmunterung. - Doch noch fühle ich mich gut. Von der Vorbelastung ist wenig zu spüren und die 59,45s sollten zu unterbieten sein.
5. Lauf, Außenbahn. Eine schlimmere Position gibt es für mich nicht. Die anderen vor mir zu sehen, mich an sie heran zu kämpfen, ihnen förmlich einen Arschtritt zu verpassen - das gibt mir Kraft. Stattdessen darf ich nun das Rennen von vorne bestreiten. Glückwunsch.
Zum Startschuss muss ich nicht mehr viel sagen. Flott aus der Kurve, Gegengerade ziehen. Die ersten 200m sind ganz gut. In der Kurve kommen die anderen auf den Innenbahnen heran oder gar vorbei. Darf nicht sein. 100m Schlussspurt, mein Ding. Vorbeiziehen, erster dieses Laufes. 57,37s.
Fazit
Schnaufend beende ich den ersten Tag mit einer weiteren Runde auslaufen als 14. der Gesamtwertung. Die Top10 sind fortan als Ziel ausgeschrieben - die schönen Distanzen kommen ja erst. Und die Beine? 15 Kilometer für heute, davon etwa 2 Wettkampfkilometer. Zu spüren ist nicht viel. So muss es auch sein, denn mit drei Bestzeiten gebe ich mich in Mühlhausen noch lange nicht zufrieden.
Hannes Christiansen (www.laufhannes.de), 12 Jun 2011